Grundlagen der Radioastronomie Einführung

Vor mehr als hundert Jahren hatte C.Maxwell gezeigt, daß das Spektrum der elektromagnetischen Strahlung nicht auf das sichtbare Licht beschränkt ist, sondern sich weit zu infraroten und ultravioletten Wellenlängen ausdehnt. 1887 gelang es H.Hertz, elektromagnetische Wellen im Radiobereich zu erzeugen und nachzuweisen. Es war naheliegend zu untersuchen, ob auch die Sonne solche Strahlung aussendet. Derartige Versuche sind von T.Edison (1890) in Amerika, O.Lodge (1900) in England, E.Nordmann (1902) in Frankreich und J.Scheiner und J.Wilsing (1896) in Deutschland durchgeführt worden - mit negativem Ergebnis. So schien zum Anfang dieses Jahrhunderts festzustehen, daß keine Radiostrahlung aus dem All zur Erde kommt. Im Jahre 1932 untersuchte K.G.Jansky für Bell Laboratoies in Holland, New Jersey, mit einer speziell dafür gebauten Richtantenne mögliche Störquellen für den Funkverkehr im wellenlängenbereich um 14,6 m; sie ist in Abbildung 1 wiedergegeben. Er identifizierte drei natürliche Störquellen: 1. nahe Gewitter, 2. ferne, tropische Gewitter, 3. ein konstantes Rauschen unbekannter Herkunft. Jansky vermutete zuerst, daß irgendwie die Sonne diese Störungen unbekannter Herkunft verursache; er konnte später feststellen, daß sie ihren Ursprung im Milchstraßenzentrum hat. Obwohl diese Entdeckung in Presse und Funk verbreitet wurde, wurde sie von den Astronomen kaum wahrgenommen.
Einzig ein junger Radioingenieur, Grote Reber aus Wheaton in Illinois, erkannte die Bedeutung der Entdeckung. Er baute sich 1937 ein Radioteleskop von 9,6 m Durchmesser in seinen Garten. Abbildung 2 zeigt dieses Teleskop, das offensichtlich zum Modell für alle modernen Radioteleskope wurde. Reber ging von der Annahme aus, daß die Radiostrahlung der Milchstraße ebenso thermischen Ursprung sei wie die optische Strahlung der Sterne. Er baute sich deshalb einen Empfänger für die Wellenlänge 9,1 cm. Weil der Beobachtungserfolg ausblieb, ging er zu den Wellenlängen 33 cm un 1,87 m über. Erst bei der längsten Wellenlänge gelang es ihm im Jahre 1939, die Entdeckung von Jansky zu bestätigen. Seine eigene Vermutung über den Strahlungsursprung hatte er gleichzeitig widerlegt.
Seine Mitteilung darüber in The Astrophysical Jornal fanden anscheinend ebensowenig Resonanz wie Janskys Entdeckung acht Jahre zuvor. Reber verbesserte seinen Empfänger und beobachtete systematisch den sichtbaren Himmel; vier Jahre später veröffentlichte er eine Radiokarte der Milchstraße und die ersten Radiomessungen der Sonne. Diese Arbeit markiert den Beginn der radioastronomischen Forschung, sie initiierte die Vorhersage der Spektrallinie des Wasserstoffes bei 21 cm durch H.van Hulst noch 1944 und die Deutung der soeben gefundenen nicht-termischen galagtischen Radiostrahlung als Synchrotronstrahlung, hervorgerufen durch die Elektronenkomponenten der kosmischen Strahlung (O.Kiepenheuer, 1950). Die rasche Weiterentwicklung sei an Hand einiger hervorragender Meilensteine gezeigt: 1954 gelang es W.Baade und R.Minkowski, die Radioquelle Cygnus A mit einer optischen Galaxie zu identifizieren, 1962 zeigte A.Sandage die Übereinstimmung der Radioposition von 3C48 mit einem sternähnlichen Objekt, 1963 konnte M.Schmidt die Entfernung von 3C273 und J.L.Greenstein und T.A. Matthews die von 3C48 aus den rotverschobenen Spektrallinien herleiten und damit die kosmologische Entfernung der Quasare nachweisen, 1965 fanden A.Penzias und R.Wilson die 3 K Hintergrundstrahlung, die als Indiz für die Big-Bang-Theorie gilt, 1967 wurden die Pulsare von J.Bell und A.Hewish entdeckt, und 1968 wiesen L.Snyder, P.Palmer und B.Zuckermann das erste organische Molekül (Formaldehyd, H2CO) im All nach.
Die technische Entwicklung verlief ebenso rasant: war bei Rebers Messungen die Sonne gerade noch an der Grenze der Empfindlichkeit und die erreichte Winkelauflösung etwa 14 Grad, so kann man mit modernen Instrumenten Intensitäten messen, die um 7 bis 8 Zehnerpotenzen schwächer sind, und durch Zusammenschalten von Teleskopen über Kontinente hinweg erreicht man jetzt ein Winkelauflösungsvermögen von 0,0001 Bogensekunden! Wie später gezeigt wird, setzt solche Leistung in etwa einen jeweils gleichen Aufwand von Teleskop, Empfänger und Rechner voraus. Wie ernsthaft diese Anforderung zum Beispiel an Teleskope sind, sieht man daran, daß unter anderem das 30 m Teleskop in Berlin-Adlershof (Grenzwellenlänge 30 cm) und das in eine Talmulde gebaute zylindrische Teleskop von der Größe 122m + 183m in Urbana(Grenzwellenlänge 75cm ) bereits verschrottet wurden.

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